Liebe Gemeinde!
Eva mit der Schlange umschlungen. Eine schöne nackte Frau schaut verführerisch den Betrachter an. Versuchung, Verführung, Erotik, Nacktheit; Schlange und Frau, Frau und Schlange. Die Frau ist es, die den armen, naiven Mann und dann die ganze Menschheit ins Unglück stürzt. Die Schlange, schlau, raffiniert, leise und listig, kommt auf leisen Sohlen daher. Hängt gut versteckt in den Bäumen. Ihr hebräischer Name verrät schon ihre Unheimlichkeit, ihr leises durch Blätterwerk hindurch kaum hörbares Rascheln und Züngeln und Zischen: Nachchasch= die Schlange. Das Bild, eine solche Deutung dieser Geschichte, die Frau als die große Verführerin, wird jede Feministin auf die Palme bringen! Doch zur Beruhigung kann man sagen, später in der Bibel, bei dem Apostel Paulus, ist die Frau als maßgebliche, verantwortliche Person an dem sogenannten „Sündenfall“ verschwunden. Bei Paulus ist es Adam, durch den die Sünde in die Welt kam, eine Sünde, die dann durch den Kreuzestod Jesus in neues Leben umgemünzt wird.
Doch schauen wir einmal genau in diese Geschichte aus der Genesis hinein. Wir werden sehen, wie genau und mit großem Charme und Witz der Erzähler uns kundtut, wie aus nackten Kindern erwachsene Menschen wurden.
Text: 1. Mose 3, 1-19
Staub und Asche: Damit endet die Erzählung. Aschermittwoch, nach der Lust bunten Karneval Treibens, kommt die Erinnerung an unsere Sterblichkeit. Von Staub und Asche bist Du genommen, zu Asche musst Du werden!
Ja, auch das ist der letzte Schritt erwachsen zu werden, zu wissen, dass man zurück muss in das Wunder der Schöpfung, dass der Tod auf einen wartet oder besser, dass Gott uns zurückruft in sein Geheimnis……“Kommt wieder Menschenkinder“ heißt es im 90, dem Sterbepsalm. Ich komme am Ende der Predigt noch einmal darauf zurück. Doch schauen wir zunächst, was passiert. Der biblische Erzähler oder die Erzählerin, beobachtet genau die kleinen Lügen, das Verschieben von Wünschen, das ganze psychologische Besteck, mit der die Schlange Eva in ihren tödlichen Bann zieht.
Die Schlange, wie später der Satan bei Hiob, ist ein Versucher, eine geschmeidige Versucherin, der des Menschen innere Sicherheit in Frage stellt. Können Adam und Eva das göttliche, das einzige Gebot, das sie erhalten, erfüllen? Sie vermögen es nicht.
„Ein einziges Gebot war in ihrer Hand, nämlich von den Früchten des Gottesbaumes nicht zu essen, und sie sind diesem Gebot entkleidet worden,“ sagt ein jüdischer Ausleger entkleidet worden.
(Ohne Gebote, nackt, schutzlos, rechtlos)
Im Moment, da die Gier im Spiel ist, versagt der gute vom Intellekt gefasste Vorsatz. Dabei waren die Früchte jenes ominösen Baumes durchaus nicht anders als die Früchte der vielen anderen Bäume. Sie waren nicht größer, sie waren nicht schöner, weil, so heißt es wenige Verse vor unserem Text: Alle Bäume begehrenswert zum Ansehen und gut zum Essen gewesen sind. Doch die verbotene Frucht ist die allemal bessere.
Die Schlange geht, wie jeder echte Verführer – mit großer Vorsicht ans Werk. Sie dreht die Wahrheit um und um, bis sie verdreht hat und aus der Wahrheit eine Lüge wird. Am Anfang ihres Gesprächs mit Eva steht eine verfängliche (fangen) Frage: „Hat Gott wohl gesagt: nicht essen von allen Bäumen des Gartens“?
Das hatte Gott ja nicht gesagt, umgekehrt: Ihr dürft essen von allen Früchten aller Bäume, bis auf einen.
Doch Eva geht verhängnisvoll auf die Frage der Schlange ein.
Die tendenziös entstellende Formulierung soll Eva zum Widerspruch, zur Korrektur des Gehörten animieren. Und prompt fällt Eva auf den plumpen Trick herein. Sie begeht den fatalen Fehler, dass sie das Verbot des Essens um das Verbot des Berührens erweitert. Dadurch nähert sich Eva der Verbotszone ein gutes Stück, ohne schon zuzugreifen. Nur mal berühren. Berühren ist ja noch nicht essen. Berühren ist aber Aktivierung der Wünsche. Fühlt sich doch gut an, die Frucht in meiner Hand: saftig, rot, süß duftend. Ist doch nur ein kleiner Ruck, nur noch eine kleine Handbewegung. Berühren hatte Gott doch gar nicht verboten?
Und war es überhaupt ein Gebot von Gott, war es nicht vielmehr nur ein guter Rat?
Denn wir lesen Verse vor unserem Text, dass Gott gebot, nicht von den Früchten dieses Baumes zu essen. Eva sagt aber der Schlange: Gott hat (nur) gesagt. Das ist weniger als ein Gebot, eher ein guter Rat. Von dem Gebot, das Gott aussprach ist erwähnt sie nicht, ist bei ihr nichts mehr zu hören.
Damit fällt die Angst von Eva dahin. Sie macht die Probe. Sie berührt die Frucht zunächst: Nichts passiert. Sie fällt nicht tot um! Ja wenn das so ist……..
Die Schlange bedient sich eine alten Tricks, der noch heute von der Werbebranche erfolgreich genutzt wird: Das Lenken der Aufmerksamkeit auf ein zu begehrendes Objekt.
Gott erlaubt alle Bäume im Garten mit Ausnahme nur eines Einzigen. Will sagen: Der Bereich des Zugänglichen, das was Gott schenkt, ist weit und bietet einen bequemen Lebensraum. Doch die Schlange weckt Evas Interesse an den verbotenen Früchten. In der Mitte des Gartens. Sie zentriert den Blick Evas dorthin – auf das Verführerische und Verbotene. Die Schlange sucht die Tatsachen auf den Kopf zu – stellen:
Gott sagt: Sehr her, Euch ist so viel gegeben!
Die Schlange sagt: Nichts ist Euch erlaubt!
Ja, jeder Werbespot will in uns das Begehren wecken, wir könnten nur glücklich sein, wenn wir genau dies haben, berühren, in unseren Händen halten………..dieses eine von 30 paaren Schuh, di wir eh schon besitzen!
Doch das gewichtigste Argument nun doch endlich zuzugreifen kommt erst noch: Und jetzt stößt die Schlange zu: Sie schiebt Gott unlautere Absichten unter: Das Verbot soll die Konkurrenz des Menschen verhindern: Ihr werdet sein wie Gott, kennend Gut und Böse!
Was für eine Lüge! Niemals kann der Mensch sein wie Gott.
Doch Eva greift zu, biss hinein, gibt Adam, der beißt hinein und ihre gewonnene Erkenntnis ist: Wir sind nackt! Will sagen, wir haben uns um das Wichtigste selbst betrogen: Gottes Gebot.
Nackt sind wir nun.
Wir sind Geschöpfe.
Wir sind schutzlos.
Wir benötigen Kleider.
Wir werden sterben.
Nun versteckten sich Adam und Eva unter dem Blätterdächern des Gartens. Und eine ewige Frage richtet Gott an beide?
Wo bist Du Mensch?
Es kommt zu einem Verschiebebahnhof der Schuldfrage. Die Schlange wars, die Eva wars, die Umstände, die Ausflüchte, Ausreden.
Nun – diese Erzählung in ihrer fabelhaften, auch humorvollen Entdeckung menschlicher Schwächen ist eine Urgeschichte des Menschen – könnte folgendes bedeuten:
- Ja, jeder Mensch erfährt in seinem Leben so etwas wie die Vertreibung aus seinem Paradies. – nach einer Trennung, nach Tod, nach Krankheiten……….er muss dann erwachsen werden und manchmal unter schwierigen Bedingungen weiterackern.
- Der Mensch ist leicht manipulierbar und zu verführen. Wir sind umgeben von Lügen. Darum nach der Wahrheit fragen, Informationen hinterfragen, nicht auf dumme Parolen reinfallen. Es gibt auf komplizierte Fragen keine einfachen Antworten.
- Ein Mensch ist dann stark, wenn er oder sie zu seiner Verantwortung steht. Verantwortung – Antwort: Hier bin ich Gott! Das ist meine Verantwortung, was geschehen ist, ist meine Schuld! Keiner kann sich vor der Verantwortung, die sein Tun ihm auferlegt, drücken. Eine Flucht vor sich selber ist so wenig möglich wie eine Flucht vor dem Schöpfer (siehe Jona).
- Und schließlich: Die Übertretung des Gebots zieht den Tod nach sich. ……“da Du von den Früchten dieses Baumes ist, musst Du sterben.“ Wir wissen und lesen, dass das nicht geschah. Gott verschonte die Beiden. Unter den schwierigen Bedingungen der Jetztwelt dürfen sie wie wir weiterleben, ja sogar Kinder bekommen. Und Kinder sind Zukunft und Leben.
Denn größer als Gottes Verbitterung über seine schlecht geratenen Kinder, ist seine Liebe zu ihnen. Der immer wieder verzeiht und Leben schenkt und in seinem Sohn Jesus, dem Gesalbten, alle Schuld auf sich nimmt.
„Christe, Du Lamm Gottes, der Du trägst die Sünd´der Welt, erbarme Dich unser, gib uns Deinen Frieden!
Amen